Antibiotika: Mit Verantwortung gemeinsam gegen Resistenzen
15.10.2025Antibiotika retten viele Leben, doch sie können nicht alle Krankheiten heilen. Eine falsche oder unüberlegte Anwendung kann sogar ihre zukünftige Wirksamkeit beeinträchtigen. Deshalb ist es wichtig, diese Medikamente verantwortungsbewusst einzunehmen. Bei Grippe, Erkältung, Bronchitis, COVID-19 und RSV (respiratorisches Synzytialvirus) sind Antibiotika wirkungslos. Sie sollten sie ausschließlich nach Anweisung Ihres Arztes einnehmen, damit sie optimal wirken.
Was sind Antibiotika?
Der Begriff ist geläufig, die Anwendung auch. Doch was verbirgt sich eigentlich hinter der Medikamentengruppe der Antibiotika?
Beginnen wir mit der Herkunft des Wortes: Wie viele medizinische Fachbegriffe stammt das Wort „Antibiotikum“ aus dem Griechischen, zusammengesetzt aus „anti“ (gegen) und „biôtikos“ (das Leben betreffend).
Die Entdeckung des Antibiotikums ist vergleichsweise jung, hat die Medizin aber seit der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts revolutioniert. Dank dieser Arzneimittelkategorie ist die Lebenserwartung deutlich gestiegen und viele Krankheiten, die einst unheilbar oder tödlich waren, sind heute behandelbar – manche sind sogar vollständig von der medizinischen Landkarte verschwunden.
Wirksamkeit von Antibiotika
Antibiotika wirken nur gegen bakterielle Infektionen. Deshalb werden sie bspw. bei bakterieller Meningitis, bakterieller Lungenentzündung, infizierten Wunden oder bestimmten sexuell übertragbaren Infektionen eingesetzt. Auch bei bestimmten Arten von Ohr- oder Halsentzündungen kann eine Antibiotikatherapie sinnvoll sein.
Bei viralen Atemwegsinfektionen hingegen bleiben Antibiotika wirkungslos. Sie beschleunigen daher nicht die Genesung im Falle von Grippe, Erkältung, akuter Bronchitis, COVID-19 oder RSV (respiratorisches Synzytial-Virus).
Körpereigene Abwehr
Manche bakterielle Infektionen heilen auch ohne die Einnahme von Antibiotika innerhalb weniger Tage von selbst. Denn der Körper aktiviert eigene Abwehrmechanismen und produziert Antikörper, die die Krankheitserreger bekämpfen können.
Ihr Arzt entscheidet, ob eine Behandlung mit Antibiotika notwendig ist oder ob Ihr Körper die Infektion eigenständig bewältigen kann. Eine falsche Anwendung kann nämlich Ihre Gesundheit gefährden.
Schutz durch Prävention
Besonders wichtig ist es, Infektionen vorzubeugen. Es bringt nichts, Antibiotika präventiv einzunehmen. Wirksame Maßnahmen sind stattdessen:
- gründliches Händewaschen,
- das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes bei Infektionen,
- regelmäßiges Lüften,
- das Bedecken von Mund und Nase mit einem Papiertaschentuch bei Husten und Niesen,
- das Husten bzw. Niesen in die Armbeuge.
Auch Impfungen tragen zur Prävention bei.
Auf der Website Was kann ich tun? erhalten Sie weitere Informationen zu den Themen Handhygiene und Verhinderung von Infektionen.
Ärztliche Diagnose erforderlich
Ihr Apotheker gibt Antibiotika nur auf Vorlage einer ärztlichen Verordnung heraus. Da sich bakterielle und virale Infektionen oft schwer voneinander unterscheiden lassen, ist eine genaue ärztliche Diagnose wichtig – mit dem Ziel, den Einsatz von Antibiotika auf das wirklich Notwendige zu beschränken.
Es gibt zwei Haupttypen von Antibiotika:
- Schmalbandantibiotika: Sie wirken gezielt gegen eine begrenzte Gruppe spezifischer Bakterien, ohne die nützlichen oder harmlosen Bakterien zu beeinträchtigen. Verordnet werden sie, wenn der Krankheitserreger eindeutig identifiziert wurde.
- Breitbandantibiotika: Sie wirken gegen verschiedene Bakteriengruppen und kommen zum Einsatz, wenn mehrere Erreger beteiligt sind oder der genaue Erreger nicht bekannt ist.
Ärztliche Anweisungen beachten
Wenn Ihnen Antibiotika verordnet werden, halten Sie sich bitte genau an die Anweisungen Ihres Arztes:
- Nehmen Sie das Medikament genau wie verordnet ein. Lassen Sie keine Einnahme aus, halten Sie die verschriebene Dosierung ein und beachten Sie die vorgegebenen Zeitabstände.
- Setzen Sie die Behandlung bis zum Ende fort, auch wenn die Symptome bereits verschwunden sind. Bei bakteriellen Infektionen zeigen Antibiotika oft schnell Wirkung. Dennoch ist es unerlässlich, die Therapie genau nach Anweisung des Arztes bis zum Schluss durchzuführen. Ein vorzeitiges Absetzen kann nämlich dazu führen, dass noch nicht vollständig beseitigte Bakterien eine Resistenz gegen das Antibiotikum entwickeln. Das hat zur Folge, dass das Medikament bei einer zukünftigen Anwendung weniger wirksam sein könnte.
- Bewahren Sie übrig gebliebene Antibiotika nicht auf. Heben Sie restliche Mengen nicht für einen späteren Gebrauch auf. Entsorgen Sie sie nicht über den Hausmüll, sondern geben Sie sie in der Apotheke ab. Denn wie andere Medikamente auch können Antibiotika gefährlich für die Gesundheit der Bevölkerung und die Umwelt werden, wenn sie nicht korrekt entsorgt werden. Ihr Apotheker nimmt sie kostenlos zurück, damit sie nach einem speziellen Verfahren vernichtet werden.
- Teilen Sie Ihre Antibiotika nicht mit anderen. Ihr Arzt hat Sie genau auf Ihre Situation und Ihre Krankheit abgestimmt.
Bei Fragen rund um Ihre Medikamente stehen Ihnen Ihr Arzt und Ihr Apotheker jederzeit mit Rat und Tat zur Seite. Zögern Sie nicht, sich an sie zu wenden – sie sind die besten Ansprechpartner für Ihre Gesundheit.
Folgen eines Überkonsums
Antibiotika wirken nicht gegen alle Arten von Bakterien gleich. Jede Wirkstoffgruppe richtet sich gezielt gegen bestimmte Erreger. Deshalb hängt die verschriebene Medikation von der Bakterienart ab, die die Erkrankung verursacht. Die meisten empfindlichen Bakterien werden so beseitigt, doch es besteht die Gefahr, dass einige Bakterien dem Behandlungsmittel widerstehen und sogar eine langfristige Resistenz entwickeln. Denn wie alle Lebewesen können sich Bakterien an ihre Umgebung anpassen, um zu überleben. Ein übermäßiger Einsatz von Antibiotika fördert daher die natürliche Selektion der widerstandsfähigsten Bakterienstämme – die nicht nur beim Menschen, sondern auch bei Tieren, in Lebensmitteln und in der Umwelt vorkommen können.
Risiken eines Überkonsums
Das größte Risiko ist die Entwicklung von Resistenzen. Immer mehr Bakterien werden gegen Antibiotika unempfindlich, wodurch deren Wirksamkeit stark nachlässt. Das kann dazu führen, dass bestimmte Krankheiten schwerer behandelbar sind oder sich sogar verschlimmern, weil die Medikamente nicht mehr in der Lage sind, die Erreger effektiv zu bekämpfen.
Darüber hinaus unterscheiden Antibiotika nicht zwischen schädlichen und nützlichen Bakterien. Sie greifen häufig auch die für unsere Gesundheit wichtigen Mikroorganismen an und beeinträchtigen somit das natürliche Gleichgewicht.
Nicht zuletzt können bei der Einnahme von Antibiotika Nebenwirkungen auftreten, wie z.B. allergische Reaktionen, Durchfall, Bauchschmerzen oder Pilzinfektionen.
Globale Bedrohung: Antibiotikaresistenzen
Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern gehört Belgien zu den größten Verbrauchern von Antibiotika. Nach einem Rückgang während der COVID-19-Pandemie steigen die Verbrauchszahlen inzwischen wieder an.
Der vernünftige Einsatz von Antibiotika ist jedoch kein Selbstläufer, sondern erfordert ein verantwortungsbewusstes Vorgehen, um die Wirksamkeit dieser lebenswichtigen Medikamente zu erhalten. Denn wenn Antibiotika aufgrund zunehmender bakterieller Resistenzen an Wirkung verlieren, drohen weltweit gravierende Folgen:
- Krankheiten, die heute noch gut behandelbar sind, könnten in Zukunft wieder lebensbedrohlich werden.
- Bestimmte Operationen könnten nicht mehr sicher durchgeführt werden, da das Infektionsrisiko zu hoch wäre.
- Therapien, etwa zur Krebsbehandlung, wären erschwert, weil Antibiotika nicht mehr in der Lage wären, das Immunsystem der Patienten ausreichend zu unterstützen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft Antibiotikaresistenzen als eine der größten Herausforderungen für die öffentliche Gesundheit ein. Laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sterben aktuell mehr Menschen an Infektionen mit resistenten Bakterien als an Grippe, Tuberkulose und HIV zusammen.
In Europa sind jährlich über 35.000 Todesfälle auf antimikrobielle Resistenzen zurückzuführen. Die Bekämpfung resistenter Bakterien verursacht zudem Kosten von mehr als 1 Milliarde Euro pro Jahr für die europäischen Gesundheitssysteme.
Eine verantwortungsvolle und bewusste Nutzung von Antibiotika ist daher unerlässlich, um die Wirksamkeit dieser lebensrettenden Mittel langfristig zu sichern.
Alternativen und Ergänzungen
Angesichts der zunehmenden Antibiotikaresistenzen werden immer mehr alternative Ansätze erforscht. So tragen bspw. Probiotika und Präbiotika dazu bei, das Gleichgewicht der „guten“ Darmbakterien zu erhalten und das Immunsystem zu stärken.
Auch die Phagentherapie erlebt ein Comeback: Dabei werden gezielt Viren eingesetzt, die spezifische Bakterien angreifen, ohne dem Menschen zu schaden – eine Methode, die bereits vor der Erfindung der Antibiotika angewendet wurde.
Trotz dieser vielversprechenden Ansätze bleiben Antibiotika nach wie vor unser wichtigstes Mittel gegen bakterielle Infektionen. Deshalb ist ein verantwortungsvoller Umgang mit diesen Medikamenten von größter Bedeutung.
Werden Sie zum „Antibiotika-Wächter“
Möchten Sie aktiv dazu beitragen, die Antibiotikaresistenzen zu verringern? Die WHO ruft auf, sich als „Antibiotika-Wächter“ (Antibiotic Guartian) für den richtigen Antibiotikaeinsatz zu engagieren.
Auf der Website Antibiotic Guardian können Sie Ihr persönliches Versprechen abgeben, Antibiotika verantwortungsvoll einzusetzen, und so dazu beitragen, ihre Wirksamkeit langfristig zu erhalten.
Mit diesem einfachen Engagement leisten Sie einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen Resistenzen. Motivieren Sie auch Ihr Umfeld, sich zu beteiligen!
Antibiotic Guardian unterstützt außerdem die EU-Maßnahme zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen (AMR), den europäischen Antibiotikatag (18. November) und die Weltwoche für den verantwortungsvollen Gebrauch von Antibiotika.
Weitere Informationen finden Sie auf der Website Antibiotic Guardian.
Sprechen wir von Antibiotika
Um der wachsenden Herausforderung der Antibiotikaresistenzen und dem unsachgemäßen Einsatz von Antibiotika entgegenzuwirken, hat der FÖD Volksgesundheit die Kampagne „Sprechen wir von Antibiotika“ ins Leben gerufen.
Auf der Website der Kampagne finden Sie zahlreiche Fragen und Antworten, die Ihnen helfen, Ihr Wissen zu erweitern und Antibiotika verantwortungsvoll einzusetzen.